Jeder Patient und jede Krebserkrankung ist einzigartig. Aus diesem Grund werden die bisherigen Standardtherapien gegen Krebs – Operationen, Chemotherapie und Bestrahlung – immer öfter durch maßgeschneiderte Ansätze ergänzt. Auch bei der Behandlung von Darmkrebs, dem sogenannten „Kolorektalen Karzinom“. Wenn er frühzeitig entdeckt wird, kann er heute dank guter Behandlungsoptionen bei vielen Patienten geheilt werden.

Unter dem Begriff Kolorektales Karzinom werden Krebserkrankungen des Dickdarms (Kolonkarzinom) und des Mastdarms (Rektumkarzinom) zusammengefasst. Der von der Darmschleimhaut ausgehende Krebs kann sich in allen Abschnitten des Dick- und Mastdarms entwickeln.1 „Darmkrebs kann heute mit unterschiedlichen Verfahren gut behandelt werden. Durch unsere Forschungen verstehen wir die Grundlagen dieser Erkrankung in ihren unterschiedlichen Ausprägungen immer besser und können auf dieser Basis zielgerichtete Therapien entwickeln“, erklärt Dr. Stefan Kropff, Executive Medical Director der Amgen GmbH.

Wirksame Behandlungsoptionen sind wichtig, denn Darmkrebs ist nicht selten: In Deutschland ist er bei Männern die dritthäufigste und bei Frauen sogar die zweithäufigste Krebserkrankung.1 2016 erkrankten rund 25.990 Frauen und 32.300 Männer erstmals an Dickdarmkrebs2. Dabei sind vor allem ältere Menschen betroffen. Mehr als die Hälfte der Patienten erkranken erst nach ihrem 70. Lebensjahr – Frauen im Mittel mit 76 Jahren, Männer mit 723. Die gute Nachricht ist: Die Sterblichkeit aufgrund von Darmkrebs sinkt seit Jahren, mehr Menschen können langfristig mit der Erkrankung leben.

Darmkrebs kann verschiedene Ursachen haben

Die Auslöser für die Entstehung von Darmkrebs sind noch nicht vollständig geklärt. Bekannt ist aber, dass meist verschiedene Faktoren beteiligt sind.4 Häufig treten bei einem Kolorektalen Karzinom gutartige Vorstufen in Form von Polypen (Adenome) auf, die als Vorwölbungen in den Darmraum hineinwachsen. Die Entartung dieser Polypen, also die Umwandlung der gesunden Zellen in Krebszellen, ist für etwa 85 bis 90 Prozent der Darmkrebserkrankungen verantwortlich. Weitaus seltener – schätzungsweise bei 10 bis 15 Prozent aller Darmkrebserkrankungen – liegt eine Veränderung des Erbguts vor, so dass Darmkrebs in betroffenen Familien häufiger auftritt.4

An einer einzelnen Ursache lässt sich eine Darmkrebserkrankung meist nicht fest machen. Es gibt jedoch Faktoren, die das Risiko erhöhen. Beispielsweise haben Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, vor allem mit Colitis ulcerosa, ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Eine wichtige Rolle spielen offenkundig auch die Ernährung und Lebensgewohnheiten.4 Als ungünstig gelten eine fettreiche und ballaststoffarme Kost, aber auch gepökelte oder geräucherte Nahrung sowie Übergewicht und Rauchen werden als Faktoren für ein erhöhtes Darmkrebsrisiko diskutiert. Auch der bei vielen Menschen bewegungsarme Lebensstil kann negative Auswirkungen haben.4

Prävention spielt eine wichtige Rolle

Darmkrebs verursacht in den meisten Fällen über lange Zeit keine Beschwerden. Wird die Diagnose dann in einem späten Stadium gestellt, ist der Darmkrebs oft weit fortgeschritten  und die Behandlung wird erschwert. Angesichts der Tatsache, dass schätzungsweise 80-90 Prozent aller Darmkrebspatienten bei frühzeitiger Diagnose geheilt werden können, spielt die Prävention speziell bei dieser Krebsart eine außerordentlich wichtige Rolle.5 Dies hat auch Eingang in die Gesetzgebung gefunden: Es wurden verschiedene Möglichkeiten von regelmäßigen Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen ab dem 50. Lebensjahr, die von den Krankenkassen übernommen werden, geschaffen. Die zuverlässigste Methode ist die Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt. Dabei wird der Darm mit einem Endoskop von innen angeschaut. Wenn Krebsvorstufen entdeckt werden, können sie vom Arzt direkt entfernt und anschließend im Labor untersucht werden, um – wenn nötig – die weitere Behandlung zu planen.6 Auch mit einem gesunden Lebensstil kann man gut vorbeugen:  Jeder kann und sollte für sich seine Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls anpassen.

Wenn man doch an Darmkrebs erkrankt…

Für Betroffene, die die Diagnose Darmkrebs erhalten, stehen verschiedene, oft in Kombination zum Einsatz kommende Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dazu zählen neben den klassischen Methoden wie Operation, Chemotherapie oder Bestrahlung auch die neueren Möglichkeiten der sogenannten personalisierten Medizin. Die Behandlung richtet sich nach Lage, Ausdehnung und molekularen Eigenschaften des Tumors, auch der Allgemeinzustand des Patienten und etwaige Begleiterkrankungen fließen in die Therapieentscheidung ein.

Was genau bedeutet personalisierte Medizin?

Menschen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht und nicht alle Patienten sprechen in gleicher Weise auf dieselbe Therapie an. Es muss also bestimmte Besonderheiten geben, warum eine Behandlung bei einem Patienten wirkt, bei einem anderen aber nicht. An diesem Punkt setzt die personalisierte – auch als zielgerichtete oder individualisierte bezeichnete – Medizin an. Hier geht es darum, die unterschiedlichen Krankheitsursachen zu identifizieren und die Behandlung daran gezielt anzupassen.7 „Möglich wurde die personalisierte Medizin durch zunehmende Einblicke in die molekulargenetischen Grundlagen von Blut und Tumorgewebe. Durch biotechnologisch hergestellte und weitere innovative zielgerichtete Medikamente kann heute auf die individuellen Gegebenheiten verschiedener Patienten eingegangen werden“, so Dr. Stefan Kropff.

Was verbirgt sich hinter zielgerichteten Medikamenten?

Zielgerichtete Medikamente greifen mit unterschiedlichen Ansätzen direkt in biologische Prozesse ein. Sie können das Wachstum und die Vermehrung von Tumorzellen bremsen oder die Versorgung des Tumors mit Nährstoffen stören.8 Ob und welcher zielgerichtete Wirkstoff  geeignet ist, lässt sich über so genannte Biomarker bestimmen. Das sind Merkmale, die gesunde Zellen von Krebszellen unterscheiden und eine Einschätzung zu Prognose und Behandlungserfolg erlauben. Es kann sich unter anderem um Hormone, Enzyme oder genetische Mutationen der Krebszellen handeln.9

Beim Darmkrebs kommen außerhalb von Studien zielgerichtete Arzneimittel bislang ausschließlich bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung mit Metastasenbildung, in der Regel als ergänzende Behandlung zu einer Chemotherapie, zum Einsatz. Zur Behandlung stehen sowohl biologische Original- als auch Nachahmerpräparate, die Biosimilars, zur Verfügung. Diese zielgerichteten Antikörperpräparate, die zudem weniger Nebenwirkungen aufweisen als beispielsweise eine Chemotherapie, tragen dazu bei, die Erkrankung für längere Zeit unter Kontrolle zu bringen. Dadurch bessern sich die Symptome und der Patient gewinnt an Lebensqualität.8

  • Tumorwachstum bremsen mit EGFR-Blockade

    Im Gegensatz zu gesunden Zellen können sich Krebszellen unabhängig von Wachstumssignalen, also unkontrolliert, teilen. Empfangen werden solche Signale über spezielle Bindungsstellen (Rezeptoren) auf der Zelloberfläche. Beim Darmkrebs ist der Epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR, epidermal growth factor receptor) ein solcher Empfänger von Signalen, der diese in das Zellinnere weitergibt und so die Zellteilung anregt.8

    Indem EGFR-Blocker an den EGF-Rezeptor binden, verfolgen sie das Ziel, den Rezeptor zu blockieren und damit die Signalkette über bestimmte Proteine und folglich das Tumorwachstum zu stören.

  • Tumorversorgung verhindern mit Angiogenese-Hemmern

    Damit ein Tumor wachsen und überleben kann, benötigt er Nährstoffe und Sauerstoff. Um diesen Bedarf zu decken, braucht der Tumor ab einer bestimmten Größe eine eigene Blutversorgung. Hierfür werden Wachstumsfaktoren gebildet, welche die Neubildung von Blutgefäßen anregen, wodurch die Krebszellen letztlich mit Nährstoffen versorgt werden. Dieser Prozess wird Angiogenese genannt. Eine besondere Rolle spielt hierbei der Vaskuläre Endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF, vascular endothelial growth factor), der an den VEGF-Rezeptor auf der Oberfläche von Blutgefäßen dockt und deren Wachstum bewirkt.8

    Wird diese Bindung verhindert, bleibt die Bildung von neuen Blutgefäßen aus und der Tumor ist von der Versorgung abgeschnitten. Dieses Ziel verfolgen die sogenannten Angiogenese-Hemmer: Sie erkennen die spezifischen Rezeptoren, binden daran und verhindern so, dass VEGF andockt und dadurch neue Blutgefäße gebildet werden.

  • Signalweiterleitung hemmen durch Inhibitoren

    Sogenannte Inhibitoren hemmen kleine Moleküle, die für die Weiterleitung von Wachstumssignalen ins Zellinnere zuständig sind. Sie blockieren die Wirkung von mehreren Enzymen, die zum einen das Wachstum und die Entwicklung von Krebszellen und zum anderen auch die Ausbildung der Blutversorgung von Tumoren steuern.8 Verschiedene Wirkstoffe befinden sich derzeit in der klinischen Entwicklung.

 

Darmkrebs in Zeiten der Corona-Pandemie

Im Gegensatz zu manchen anderen Tumorerkrankungen gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass es bei Patienten mit Kolorektalem Karzinom zu schweren Covid-19-Verläufen kommt. Generell wird empfohlen, die Therapie gemäß der Leitlinie fortzuführen. In manchen Fällen kann auch eine Unterbrechung der Behandlung der richtige Weg sein. Das hängt unter anderem davon ab, in welchem Stadium der Erkrankung sich der Patient befindet. Wichtig ist hier die genaue Absprache mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt.

Grundlegend ist auch die Einhaltung von Hygieneregeln. Dazu zählen vor allem ein gründliches und regelmäßiges Waschen der Hände, eine Vermeidung von Händeschütteln sowie Husten und Niesen in die Armbeuge.10

Eine frühe Diagnose und rechtzeitige Therapie von Darmkrebs dürfen auch in Zeiten der Corona-Pandemie nicht vernachlässigt werden. Aus Angst vor einer Covid-19-Ansteckung Arztpraxen oder Kliniken zu meiden, kann dazu führen, dass ein Tumor nicht rechtzeitig entdeckt wird oder eine Behandlung erst verzögert beginnt.11 Beides lässt dem Tumor Zeit zu wachsen und kann sich negativ auf den Therapieerfolg auswirken. Daher gilt es, Vorsichtsmaßnahmen gegen Covid-19 zu beachten, aber andere Gesundheitsrisiken nicht aus dem Blick zu verlieren.

Hier finden Patienten mit Fragen zu Covid-19 Unterstützung

Der Krebsinformationsdienst des DKFZ (Deutsches Krebsforschungszentrum) und das INFONETZ KREBS der Deutschen Krebshilfe stellen für Patientinnen und Patienten aktuelle Informationen zur Covid-19-Pandemie zur Verfügung.

Mehr Informationen dazu unter:
https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/aktuelle-themen/2020/hilfestellungen-zu-krebs-und-corona.html

Gegen Darmkrebs selbst aktiv werden

Darmkrebs macht sich, wie eingangs erwähnt, oft erst in späten Krankheitsstadien bemerkbar. Anzeichen wie Bauchschmerzen, veränderte Stuhlgewohnheiten (z. B. Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall), weitere Verdauungsbeschwerden (z. B. Blähungen mit ungewolltem Stuhlabgang, häufige Übelkeit und Völlegefühl trotz wenig Essen) sowie Blut oder Schleim-Beimengungen im Stuhl können auch auf andere Darmerkrankungen hinweisen. Manche Patienten mit Darmkrebs haben keine der hier aufgeführten Beschwerden oder nur einige davon. Daher sind die regelmäßigen Untersuchungen zur Früherkennung sehr wichtig.12

Wichtig und positiv ist, dass man selbst viel tun kann: Für die Prävention bildet auch der persönliche Lebensstil mit gesunder, obst- und gemüsereicher Kost und viel Bewegung oder sportlicher Betätigung eine wichtige Säule.

Quellen:
1.    https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/darmkrebs/definition-und-haeufigkeit.html (Zugriff am 04.06.2020)
2.    https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/darmkrebs/was-ist-darmkrebs.php (Zugriff am 23.06.2020)
3.    https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2019/kid_2019_c18_c20_darm.pdf (Zugriff am 26.06.2020)
4.    https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/darmkrebs/ursache-und-risikofaktoren.html (Zugriff am 04.06.2020)
5.    https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/darmkrebs/frueherkennung.html (Zugriff am 04.06.2020)
6.    https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/darmkrebs/frueherkennung.php (Zugriff am 19.06.2020)
7.    https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/basis-informationen-krebs-allgemeine-informationen/personalisierte-krebsmedizin.html (Zugriff am 04.06.2020)
8.    https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/darmkrebs/moderne-verfahren.php (Zugriff am 09.06.2020)
9.    https://www.krebsinformationsdienst.de/untersuchung/molekulare-diagnostik/tumormarker-hintergrund.php (Zugriff am 19.06.2020)
10.    https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/coronavirus-infektion-covid-19-bei-patienten-mit-blut-und-krebserkrankungen/@@guideline/html/index.html?chapter=6.2.32#ID0EF5AG) (Zugriff am 09.06.2020)
11.    https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Darmkrebs-Therapie-nicht-aufschieben,darmkrebs148.html (Zugriff am 09.06.2020)
12.    https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/darmkrebs/symptome.php (Zugriff am 09.06.2020)

13.07.2020