Der Begriff Generikum (Plural: Generika) ist sicher vielen von uns geläufig. Hier handelt es sich um das Nachahmerpräparat eines Arzneimittels, das den identischen Wirkstoff wie ein ehemals patentgeschütztes Präparat enthält und deshalb genauso wirkt. Für den Bereich der biopharmazeutisch hergestellten Arzneimittel (Biopharmazeutika) gibt es ebenfalls Nachahmerpräparate, sogenannte Biosimilars. Diese Nachahmerpräparate kommen auf den Markt, wenn das Patent für das Original abgelaufen ist, und dürfen gegenüber dem Originalpräparat keine klinisch signifikanten Unterschiede bezüglich der Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit aufweisen (1). Biopharmazeutika, und damit auch Biosimilars, bestehen im Gegensatz zu chemisch-synthetisch hergestellten Arzneimitteln aus großen komplexen Proteinen, die in lebenden Zellen hergestellt werden. Ihre Beschaffenheit und ihr Herstellungsverfahren führen zu einzigartigen Eigenschaften jedes einzelnen Produkts. Wir zeigen in fünf Fakten, was Biosimilars ausmacht.

 

Biosimilars…

… sind keine Generika

Generika sind identische Kopien von chemisch-synthetisch hergestellten Arzneimitteln (2). Biopharmazeutika sind bis zu 1.000-Mal größer und haben eine sehr viel komplexere Struktur als solche niedermolekularen Arzneimittel. Eine exakte Kopie ist aufgrund der Variabilität biologischer Organismen und des vielschichtigen Herstellungsprozesses nicht möglich. Biosimilars sind deshalb „similar“, also ähnlich, aber nicht identisch zum Referenzprodukt. Bei Generika ist es also möglich, das genau gleiche Molekül zu erhalten, bei Biosimilars wird ein Molekül mit einem hohen Grad an Ähnlichkeit reproduziert (3).

… unterscheiden sich im Herstellungsprozess von ihrem Referenzprodukt 

Aufgrund der Größe und Komplexität ist die Herstellung von Biopharmazeutika ein mehrstufiger und aufwändiger Prozess, der sorgfältig überwacht werden muss. Für ein biopharmazeutisch hergestelltes Arzneimittel, also auch für ein Biosimilar, muss ein völlig neuer Herstellungsprozess mit einer einzigartigen Zelllinie entwickelt werden. Jeder Hersteller nutzt hierfür ein eigenes Verfahren, das auch dann geschützt bleibt, wenn der Patentschutz des Produkts abgelaufen ist. Aus diesem Grund unterscheiden sich nicht nur Biosimilar und Referenzprodukt, sondern auch Biosimilars mit gleichen Wirkstoffen, aber von verschiedenen Herstellern (4).

… unterliegen strengen Zulassungsbedingungen

Für die Zulassung von Biosimilars gelten, ebenso wie für biopharmazeutische Originalpräparate, strenge Regulierungen und Standards. Das Biosimilar muss für die Zulassung in einer Indikation in umfassenden vergleichenden Studien nachweisen, dass es dem jeweiligen Referenzprodukt sehr ähnlich ist und keine klinisch signifikanten Unterschiede in Bezug auf Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit aufweist. Das geschieht schrittweise: zunächst in vergleichenden Qualitätsstudien, welche die Proteinstruktur und biologische Funktion des Biosimilars und seines Referenzprodukts vergleichen. In nicht-klinischen Vergleichsstudien wird dann ihre Wirkung in Zellen betrachtet und schließlich im letzten Schritt die Biosimilarität in klinischen Vergleichsstudien bestätigt (3).

… können durch Extrapolation einen verkürzten Zulassungsprozess durchlaufen

Ist das Referenzprodukt bereits für mehrere Indikationen zur Anwendung zugelassen, kann die Methode der Extrapolation angewendet werden. Kann in einer besonders sensitiven Indikation von einer vergleichbaren Sicherheit und Wirkung des Biosimilars ausgegangen werden, ist eine Erweiterung auf die anderen Indikationen, für die das Referenzprodukt zugelassen ist, möglich. Die Zulassungsbehörden können dann entscheiden, dass hierfür weniger oder keine weiteren klinischen Studien durchgeführt werden müssen (3). Die Biosimilarität wird anhand medizinischer Evidenz festgestellt – Biosimilars durchlaufen damit einen verkürzten Zulassungsprozess auf Basis der Zulassung des Referenzprodukts.

 

… helfen unserem Gesundheitssystem

Seit im Jahr 2006 das erste Biosimilar in der EU zugelassen wurde, steigt ihr Marktanteil kontinuierlich. Als kostengünstige Nachfolgeprodukte erhöhen sie die Anzahl an verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten und erleichtern damit immer mehr Patient:innen den Zugang zu innovativen Therapiemöglichkeiten. Die Kosteneinsparungen, die durch den Einsatz von Biosimilars entstehen, eröffnen zudem an anderer Stelle im Gesundheitssystem mehr finanziellen Spielraum. Biosimilars leisten damit einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Gesundheitsversorgung (5).

Referenzen:
1: https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/overview/biosimilar-medicines-overview (Stand: 02.03.22)
2: https://www.vfa.de/de/wirtschaft-politik/abcgesundheitspolitik/biosimilars-schnell-erklaert.html (Stand: 02.03.22)
3: European Medicines Agency: Biosimilars in the EU. Information guide for healthcare professionals. 2019.
4: https://www.biosimilars.de/herstellung-n-qualitat (Stand: 02.03.22)
5: https://www.pharma-fakten.de/grafiken/detail/1130-biosimilars-beitrag-zur-nachhaltigkeit-des-gesundheitssystems/ (Stand: 02.03.22)